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Merkwürdige Medienmacher (feat. Máxima)

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Auf „Recherche, Qualitätsanspruch und Finanzierung im digitalen Alltag“ zielte eine Journalistenbefragung, deren Ergebnisse jetzt vorliegen und tief blicken lassen. Zur kritischen Reflexion aller grauer Werte-Theorie in meinem Berufsstand zappe ich ab und an im Auto einfach mal zwischendurch in den Schlager-Radiosender WDR 4 („Es lebe die Liebe“) und verfolgte dort gerade gestern so lange ich es aushielt, wie sich Moderator und Reporterin ergötzten am raffinierten Hut der niederländischen Königin Máxima bei ihrem NRW-Besuch. Uff. Wie soll man mitunter nur seine Zunft verwünschen, ohne gleich als Nestbeschmutzer zu gelten?

DEN HAAG - Portret Prinses Máxima in Paleis Noordeinde in Den HaagDie Berichterstattung über Adelige gehört allein schon abgeschafft, um weiteren Image-Schaden von der Journalisten-Mischpoke abzuhalten. „Gala“, das güldene Blatt und „Bild der Frau“ – warum interessieren deren Inhalte eigentlich irgendeine Sau? Selbst wenn Letztgenannte vom Deutschen Institut für Wirtschaft als die Frauenzeitschrift mit den meisten Wirtschaftsthemen ausgezeichnet wurde, bedeutet das gar nichts. Alle Werktätigen in solchen Titeln, die Hoheiten hinterher hecheln, taumeln als trauriger Tropf durch die Weltgeschichte. „Leute, die nicht schreiben können, machen Interviews mit Leuten, die nicht denken können, und fabrizieren daraus Artikel für Leute, die nicht lesen können“, gilt ein Zitat von Frank Zappa als überliefert, das sich auf Rock-Journalisten bezieht, aber in der Tat übertragbar ist auf andere Gattungen wie die Regenbogenpresse mit ihrem Klatsch und Tratsch. Andererseits: Diese Máxima, eine Wucht! Und dieser Hut erst! Hier oben ohne im Bild; alle Fotos inklusive Familie freundlichst frisch aus „Het Koninklijk Huis“. Wenig königlich klingen die Befragungsergebnisse der Journalisten als Kulis unter den Medienmachern unter dem nachfolgenden Titelbild.

Titel-Medienmacher

HKH Prinses MaximaAngeblich verwenden die befragten Kollegen danach rund ein Drittel ihrer Arbeitszeit (=163 Minuten) „für journalistische Recherchezwecke“, während gleichzeitig mit 61 Prozent die Mehrheit bemängelt, „dass sie häufig zu wenig Zeit für weitergehende Recherchen“ habe. Wer’s glaubt, wird selig. Aber nie so beseelt wie diese Máxima, einfach erstklassig als Frontfrau, die laut „RP online“-Schlagzeile über dem gestrigen Besuchsbericht tatsächlich „lacht trotz schlechtem Wetter auf Schloss Moyland“. Wie tapfer. Und obwohl später in Münster ein Protestplakat hochhaltender Monarchiegegner von der Polizei abgeführt wird (ist das jetzt schon strafbar?), erfahren wir an gleicher Stelle der Dokumentation unter einem Bild von Máxima mit himmlischem Hut (hier zwar im Bild ohne, aber dafür mit Teppich am Leib), „dieser Königin fliegen die Herzen zu“ und „so eine Königin hätten viele Deutsche auch gern“. Merken bzw. möchten Sie’s auch schon? Oooch, kommen Sie, wo die selbst schräg sehr Galante doch auch auf ganz natürlich kann, wenn im Hintergrund fiese Kakteen drohen:

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Fotosessie Koninlijkhuis Robin Utrecht FotografieFrappant, welche zentralen Ergebnisse die Journalistenstudie sonst noch zutage fördert: Recherche-Pools im eigenen Haus finden beim Arbeitgeber nur 17 Prozent der Befragten. Aber obwohl die Zeit so knapp und die Unterstützung so gering ausfällt, „greifen bis dato nur 19 % auf externe Recherche-Tools zurück“. Ein Drittel gibt als Entschuldigung gar an, dass ihnen solche Recherche-Dienste nicht bekannt waren. Ha! Ist das etwa Leidenschaft? Gut, dass wir aus dem oben erwähnten Adelsreport erfahren, dass unser Nachbarkönigspaar beim Besuch des Zentrums für Niederlande-Studien in Münster von Student Christoph hören müssen, er habe „eine richtige Leidenschaft für Niederländisch“ entwickelt, worauf wer eloquent erwidert: „Leidenschaft für Niederländisch – das ist es, was wir hören wollen“? Genau, diese Marke Máxima (im Bild links ohne Hut, aber in Rot), die selbstbewusst ihre lustige Spartensprache aufs Schild hebt.

PM-1-470Aufs Schild heben würden sich wohl gerne auch die befragten Journalisten, die immerhin selbstkritisch „der Meinung (sind), dass sie sich als individuelle ,Marke’ präsentieren müssen, um erfolgreich zu sein“. Dazu verbreiten sie unter anderem ihre eigenen Inhalte über „Facebook, Twitter, Google+, Blogs/Foren“, ermittelte die Untersuchung. An alle potenziellen Marken unter den Medienmachern richte ich die Frage: Welche Eigenschaften heben Euch vom Wettbewerb ab und erleichtern als Alleinstellungsmerkmal Euren Kunden die Kaufentscheidung, Euch zu beauftragen oder anzustellen? Da haben NRW und Niederländer mehr Charakter, denn mit 70.000 lebt  nahezu die Hälfte aller Oranje-Gasteinwohner in Deutschland ausgerechnet in diesem Bundesland. Weshalb es die grazilste Größte von ihnen, unser aller quasi Königinmutter Máxima (im Bild) aus Mangel an eigenem Oberhaupt aus Adelshaus, hierher verschlug – ins bevölkerungsreichste Cluster mit dem selbstverliehenen Titel „Innovationsmotor der Industrie und Ideengeber für die Kreativwirtschaft“ (laut RP online).

Journalisten-Marke

DSC_0011-grootSoso, der Journalist als Marke – und das glaubt mit 49 Prozent fast jeder zweite befragte Kollege, der aufs Siegertreppchen möchte, obgleich kaum einer weiß wie. Und der angesichts der Grafik dafür ein Logo als Plakat über sich hebt, dass an das Markenzeichen von Kraft Foods erinnert, was vermutlich der grafischen Unbedarftheit der Studienverursacher aus Marktforschung Bitkom Research und Auftraggeber ResponseSource zuzuschreiben ist. Prima überdies dieses Ergebnis: Über ein Drittel der Befragten würde als Leser für die Online-Ausgabe ihres Mediums kein Geld bezahlen. Interessant, dass sie fast alle für Medien arbeiten, die journalistische Inhalte im Internet zur Verfügung stellen, allerdings in Überzahl (64%) ohne einen Cent dafür zu nehmen. Irgendwas stimmt da nicht zwischen (Selbst-)Vermarktung und (Selbst-)Bild. Zumal die Studie als Rollenverständnis ein wirres Bild wiedergibt: höchste Zustimmung als Informationsvermittler, wenige Sympathien für Meinungsvermittler, mehr Bedeutung der Erklärung komplexer Sachverhalte, weniger Relevant für schnelle Nachrichten. Was die Forscher zur kecken Aussage verleitet: „Das legt die Vermutung nahe, dass der Content wichtiger ist als der Zeitfaktor.“ Wahrscheinlich gemeint ist: Themenrelevanz schlägt Berichterstattungstempo, was so indes auch nicht stimmt. Was stimmt und stimmig aussieht ist indes immer das Outfit der Königsfamilie, wie hier zumindest zwei Gruppenbilder im Ansatz beweisen, weil die drei Töchter von Mama Máxima jeweils gleich gekleidet kaum unterscheidbare Prinzessinnen sind. Donnerwetter, wenn dahinter nicht auch ein Marketinggedanke steckt … Gefeliciteerd, auch zum bombastisch den Body betonenden Batik-Pulli!

horsten_29

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